probetext 1

SOCKEN
I
socken waren irgendwann mal ein paar
ich bin wasser
und du trinkst mich.
zunge (lingua) und sprache
sind für mich gleich.
deine zunge
meine sprache
meine socken ständig
María Longa
auf deinem flur
suchen nach erde
und wurzeln
finden aber
nur spuren
ohne dich
hätte ich keine pause.
ohne dich
hätte ich keine pause
und keine erholung.
du bist mein ausschaltknopf
und meine tafel schokolade.
ich verfolge die linien
deines körpers
wie eine strasse
die schon wieder mal weg
weg ist.
gegeneinander gepresst
umarmt
gedrückt
wie in einer waschmaschine
waren wir.
damals.

II
warum sollte man annehmen, dass socken ein paar sein sollten
wie eine alte socke,
vergessen auf dem sofa,
habe ich mich langsam
gefühlt.
socken sind keine strumpfhose,
das wussten wir ja.
sie schauen immer nach vorne
und gehen in entgegengesetzte richtungen,
bleiben nur zusammen
wegen der faden,
weil die löcher nicht mehr genäht sind,
weil die muster ganz genau passen.
alles, was zwischen uns nicht mehr bleibt.

III
die socken nehmen getrennte wege
die schlüssel auf dem tisch
können nur eins bedeuten:
es ist schluss.
du hast das trotzdem
nicht verstanden [wollen]
diese socke
ist letztendlich
ihren eigenen weg
gegangen.
„unabhängigkeit für socken“
„freiheit für socken“
schreibe ich ab jetzt auf alle wände.